21.12.2021
(Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers bei fehlendem Hinweis.)
Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf mindestens 24 Werktage Jahresurlaub, welcher auf Antrag des Arbeitnehmers zu gewähren ist und wovon zwei Wochen zusammenhängen müssen. Der Urlaubsanspruch ist im laufenden Kalenderjahr zu gewähren, sofern nicht dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.
In der Praxis sehr häufig sind die Fälle, dass der Arbeitgeber dem Urlaubsantrag nicht entsprechen kann, weil die Personaldecke „zu dünn“ ist oder Arbeitnehmer von sich aus keinen Urlaub beantragen, weil sie diesen ansparen wollen.
In beiden Fällen gilt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch zum Jahresende verfällt. Für Arbeitsverhältnisse, bei denen Tarifbindung besteht, hat der Tarifvertrag Vorrang. Die Tarifverträge sehen hier meistens einen Übertragungszeitraum bis zum 31.03. des Folgejahres vor. Im öffentlichen Dienst bis zum 31.05. des Folgejahres.
Voraussetzung ist allerdings ein sogenannter Übertragungstatbestand. D. h. es müssen Gründe vorliegen, weshalb der Urlaub im laufenden Jahr nicht genommen werden konnte. Fehlt es an einem Urlaubsantrag, hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit diesen Übertragungstatbestand verneint und der Urlaubsanspruch verfiel zum Jahresende.
Diese Rechtsprechung deckte sich nicht mit dem Europarecht, dass dem Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers wegen des Erholungsbedürfnisses einen hohen Stellenwert beimisst. Wie oft hat deshalb der EuGH in Luxemburg die Marschrichtung vorgegeben und das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung nunmehr auch für Deutschland übernommen.
Seit der Entscheidung des BAG vom 19.02.2019, Aktenzeichen 9 AZR 541/15 ist nunmehr jeder Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitnehmer rechtzeitig auf den drohenden Verfall ihrer Urlaubsansprüche hinzuweisen und über die Folgen des Verfalls zu belehren.
Kommt der Arbeitgeber nicht von sich aus dieser Hinweis- und Belehrungspflicht nach, hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch, welcher gemäß § 249 BGB in natura zu erfolgen hat.
Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer anstelle des verfallenden Urlaubs als Schadensersatz einen neuen Urlaubsanspruch erwirbt, der dann wiederum den weiteren Verfallfristen unterliegt, also auch diesen Urlaub gelten machen (beantragen) muss. In der Praxis bedeutet dies, dass der Arbeitgeber zweimal vor dem Jahreswechsel und vor dem 31.03./31.05. des Folgejahres auf den drohenden Verfall der noch nicht gewährten Urlaubsansprüche hinweisen muss.
Es empfiehlt sich also in den Personalabteilungen entsprechende Fristenkontrolle und ein entsprechender Hinweis an die Belegschaft im Intranet.
Verfall von Urlaubsansprüchen
In Betrieben/öffentlichen Verwaltungen/Körperschaften, in denen ein Betriebsrat bzw. ein Personalrat besteht, empfiehlt es sich, mit der Arbeitnehmervertretung eine Vereinbarung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 5 Betriebsverfassungsgesetz bzw. der entsprechenden Vorschriften des Bundes- und der Länderpersonalvertretungsgesetze zu schließen.
Dies insbesondere auch dann, wenn Betriebsferien vereinbart sind und Arbeitnehmer in den Betriebsferien erkranken (§ 9 Bundesurlaubsgesetz).
Kann der Urlaubsanspruch nicht mehr gewährt werden, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist oder der Arbeitnehmer (befristet) Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. Es handelt sich um einen Bruttolohnanspruch. Es sind also Beiträge zur SV und Lohnsteuer in voller Höhe an die jeweiligen Einzugsstellen abzuführen.
Arbeitgeber, die Löhne extern rechnen lassen, sollten deshalb immer die Übersicht über den tatsächlichen Stand des beantragten Urlaubs der Belegschaft haben und zeitnah auch auf die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs drängen, damit nicht alle Arbeitnehmer im Februar und März des Folgejahres „Alturlaub“ nehmen.
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