12.03.2024, FA Andreas König
Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer gemäß § 611 a I BGB verpflichtet, seine Dienste persönlich zu erbringen. Er kann sie also nicht wie ein Unternehmen durch Angestellte oder Dritte verrichten lassen.
Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer auch in der Lage ist, diese Dienste selbst zu erbringen.
Dies ist er regelmäßig nicht, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit verhindert ist.
Da nach dem Gesetz Dienste auch nicht nachgeleistet werden müssen, entfällt die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ganz. Dies führt häufig zu erheblichen Betriebsstörungen und darüber hinaus auch zur finanziellen Belastung der Unternehmen durch die Entgeltfortzahlungspflicht.
Häufigster Grund für personenbedingte Kündigungen sind deshalb krankheitsbedingte Fehltage, in seltenen Fällen auch fehlende Qualifikation des Arbeitnehmers oder Tätigkeitsverbote, zum Beispiel durch Verlust der Fahrerlaubnis oder Hausverbote durch Kunden.
In jedem Fall muss der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers, gegebenenfalls zu anderen Arbeitsbedingungen (kürzere Arbeitszeit oder andere Arbeitsaufgaben) prüfen, bevor er sich zu einer Kündigung entschließt.
Nach der Rechtsprechung ist eine personenbedingte Kündigung unwirksam, wenn die Möglichkeit des Ausspruchs einer Änderungskündigung bestand.
Der häufigste Fall der personenbedingten Kündigung aufgrund Krankheit ist in 2 Untergruppen aufzuteilen:
In der einen Gruppe sind die häufigen Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers, oft an Brückentagen oder vor bzw. nach Urlaubsgewährung. Die zweite Gruppe sind langwährende Arbeitsunfähigkeiten, meist aufgrund chronischer Erkrankungen.
Dementsprechend unterschiedlich sind die Folgen für das Unternehmen. Während die kurzfristigen Erkrankungen meistens nur zu einer Betriebsstörung führen, die Arbeit aber noch geschafft wird, führt der langfristige Arbeitsausfall dazu, dass entweder Kollegen dauerhaft Mehrarbeit leisten müssen oder eine Ersatzkraft eingestellt werden muss und durch Leiharbeit oder befristete Verträge erhebliche Mehrkosten für die Unternehmen entstehen.
In beiden Fällen muss der Arbeitgeber im Rahmen einer „Zukunftsprognose“ das Gericht davon überzeugen, dass die Fehlzeiten des Arbeitnehmers auch in Zukunft wieder auftreten werden und nur durch die Kündigung zukünftige Störungen des Betriebsablaufs/Mehraufwendungen vermieden werden können. In beiden Fällen muss der Arbeitgeber die bisherigen Fehlzeiten darlegen und, soweit vom Arbeitnehmer mitgeteilt, auch den Grund für die Arbeitsunfähigkeit.
Der Arbeitnehmer, der die „negative Zukunftsprognose“ bestreitet, muss seinerseits die behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden, die ärztlichen Diagnosen benennen und weiterhin mitteilen, was aus seiner Sicht der Arbeitgeber zur Genesung beitragen kann, zum Beispiel den Einsatz auf einem Schonarbeitsplatz.
Die Berufung auf eine ärztliche AU-Bescheinigung allein ist nicht ausreichend (vergleiche Blogbeitrag vom 11.09.2023).
Wenn diese wechselseitigen Darlegungen erfolgt sind, wird das Gericht regelmäßig die behandelnden Ärzte als Zeugen vernehmen und gegebenenfalls auch ein ärztliches Gutachten zu den zukünftigen Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers bzw. seinen gesundheitsbedingten Einschränkungen einholen.
Letztlich liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, das heißt, wenn das Gutachten die negative Zukunftsprognose nicht bestätigt, ist die Kündigung unwirksam und der Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, einschließlich der Vergütungsnachzahlung.
Hinzu kommt in Betrieben mit einem Betriebsrat/Personalrat auch noch die weitere Hürde der ordnungsgemäßen Anhörung/vollständigen Information des Betriebsrates/Personalrates vor Ausspruch der Kündigung. Auch dies ist sehr fehlerträchtig.
Weiterhin haben die Arbeitgeber ein so genanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen. Im Rahmen dieses BEM hat der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Arbeitnehmer, dem Träger von Rehabilitationsleistungen und der Behindertenvertretung sowie dem Integrationsamt und gegebenenfalls auch mit dem Betriebsarzt Maßnahmen zu prüfen, damit eine personenbedingte Kündigung nicht erforderlich wird. Dies reicht von der Bereitstellung eines höhenverstellbaren Schreibtisches über eine Rollstuhlfahrerrampe bis hin zur Ausstattung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes. Sogar Umschulungen und Qualifizierungsmaßnahmen gehören dazu, soweit der Arbeitgeber dies z.B. durch Freistellung oder Mentor unterstützen kann.
Letztlich ist ein etwaiger Sonderkündigungsschutz zu beachten, so bei Arbeitsausfall von Schwangeren aufgrund Beschäftigungsverbotes oder Leistungseinschränkungen von Schwerbehinderten/gleichgestellten Arbeitnehmern und das Zustimmungserfordernis des Integrationsamtes sowie die Sonderbestimmungen des Berufsbildungsgesetzes für Azubis.
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann in Betracht kommen, wenn sich der Arbeitnehmer selbst nicht mehr in der Lage sieht, aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen seine Arbeitsleistung zu erbringen.
Hier muss der Arbeitnehmer aber beachten, dass die Agentur für Arbeit die Verhängung einer Sperrzeit prüfen darf, wenn kein ausreichender Grund (ärztliches Attest) für die Arbeitsaufgabe vorliegt.
Fazit: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten in jedem Fall im Rahmen von Personalgesprächen die Vermeidung einer personenbedingten Kündigung prüfen und auch ein BEM durchführen. Weiterhin sind der Betriebsrat/Personalrat frühzeitig zu beteiligen und auch die krankheitsbedingten Mehraufwendungen für das Unternehmen zu ermitteln.
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